„Besser ist es, ein Opfer menschlicher Schwäche zu werden, als zu den Starken und Unterdrückern zu gehören, welche die Blumen des Lebens mit ihren Füßen zertreten.“ So sehr ich auch den libanesischen Schriftsteller und Philosophen Khalil Gibran schätze, dessen „Eure Kinder sind nicht eure Kinder!“ schon in den sechziger und siebziger Jahren zu einem der Erziehungsgrundsätze für meine Kinder wurde, muss ich ihm in dem obigen Zitat widersprechen. Gerade auch deshalb, weil er in Jesus den Rebellen sah, der die materialistische Einstellung der Menschen verachtete. Mobbing ist und war zu allen Zeiten die psychische und damit auch die physische Vernichtung eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen aus materialistischen Motiven. Denn auch Pogrome gegenüber gesellschaftlichen Minderheiten aus Angst wegen Seuchen, Missernten, Umweltkatastrophen oder auch aus Angst vor dem Gehörnten, aus Neid, war Handeln zum eigenen Nutzen. Wenn Mobbing die Psyche eines Menschen vernichtet, vernichtet man nach antiker und heutiger Gleichsetzung auch seine Seele, das heißt, nach heutigem Sprachgebrauch, man vernichtet die Gesamtheit aller Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge dieses Menschen, man treibt ihn in die soziale Ausgrenzung, die er in seiner Verzweiflung auch selbst sucht. Das soziale Loch, in das er dabei fällt, macht in so einsam, dass ihm oft der Freitod als letzter Ausweg erscheint.
In diesem Kontext muss man wissen, dass heutzutage Mobbing von Arbeitgebern mit Hilfe gewissenloser Juristen angewendet wird, um Arbeitnehmer los zu werden, die sich durch jahrelange engagierte Dienste einen Arbeitnehmerstatus erworben haben, der ihre erfolgreiche Kündigung auf legalem Wege unmöglich oder doch sehr schwer macht. Hohe Abfindungen schmälern den Gewinn, also treibt man die Opfer gewollt in eine psychische Situationen, aus denen sie nur in der eigenen Kündigung oder – billiger noch – in der Selbsttötung einen Ausweg sehen.
Wenn auch alle Religionen den Opfergang als gottgewollt darstellen, der irgendwann und irgendwo die Glückseligkeit verheißt und die Christen dabei auf die Kreuzigung von Jesus verweißen, dann stimmt das so nicht. Ev. Joh. 10,17: „Darum liebt mich mein Vater, dass ich mein leben lasse auf dass ich’s wieder nehme,“ und erklärt in Vers 18 weiter, dass Gott, sein Vater ihm die Macht gab, sein Leben hin zu geben und es sich wieder zu nehmen.
Der Deutschen Albertus Magnus (1200—1280), war der erster Kirchenlehrer, der sozusagen die Philosophie des Aristoteles wiederentdeckte. Die Anthropologie seines Schülers Thomas von Aquin (1225—1277) wurde stark durch Aristoteles beeinflusst. Dessen Schrift „De Anima“ (von der Seele) hat Thomas gezeigt, dass die Seele als Geist die Kraft des Körpers sei, die nicht zerstört werden kann, und somit unsterblich ist. Wenn Mobbingopfern dies erst ’mal begriffen haben, werden sie mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mittel gegen ihren Opferstatus kämpfen: Besser der Mobber geht unter, als ich! Auch werden die „Opfer“ begreifen, Gemeinsamkeit erhöht die Kampfkraft. Den Tätern und unserem Justizsystem muss begreiflich gemacht werden, dass „mobben“ teuer werden kann.
Dazu bedarf es mehr! Unsere Politiker beschwören bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, dass unser Staat auf der Basis „christlicher Grundwerte“ aufgebaut ist. Das zeigt sich auch darin, dass die drei einflussreichsten unserer Parteien die Attribute „christlich und/oder sozial“ in ihrem Parteinamen aufgenommen haben. Erstaunlich ist immerhin, dass die Wertekommission der CDU in ihrer Schrift „Die neue Aktualität des christlichen Menschenbildes“ auf Seite 15 feststellt:
„Die Soziale Marktwirtschaft geht von der Überzeugung aus, dass Arbeit für den Menschen
von existenzieller Bedeutung ist. Das gilt insbesondere für die Erwerbsarbeit, die nicht nur
die finanzielle Lebensgrundlage schafft, sondern auch zum Selbstvertrauen, zur
Selbständigkeit, zur Wertschätzung und daher zur Personalität und Würde des Einzelnen
beiträgt.
Darum darf menschliche Arbeit nicht wie eine Ware allein den Gesetzen des Marktes von
Angebot und Nachfrage überlassen bleiben, sondern bei allem Bezug auf den Markt und
den objektiven Wert der Arbeit muss auch der Personwert der Arbeit gewährleistet
werden. Da das Wirtschaften sich nicht in einem rechtlichen, politischen und
institutionellen Vakuum abspielt, kommt zunächst dem Staat die Aufgabe zu, den
institutionellen Rahmen der Wirtschaftsordnung zu schaffen, etwa im Blick auf
Rechtsordnung, …“ . Wenn das keine Selbstverpflichtung ist, endlich ein Antimobbing- Gesetz auf den Weg zu bringen!
Ferdinand Weckmüller (Der gesamte Text ist von ihm, Danke.) (1)