Der Fall hat für Aufsehen gesorgt, da es in Deutschland fast durchgehend die Ausnahme ist, dass Mobbing im Internet vor ein Gericht kommt. Offenbar haben der Staatsanwalt und die Amtsrichterin Petra Nolte die Tragweite von Cyber-Mobbing-Attacken verstanden und begriffen, dass hier zum Schutz der Opfer gehandelt werden muss und musste.
Ein 27 Jahre junger „Mann hat sich ein Ehepaar vorgeknöpft und diese, obwohl die nicht in einem sozialen Netzwerk angemeldet waren, diffamiert. Dazu hat der Cyber-Mobber ein Foto mit längeren Textpassagen ins Internet gestellt“. (1) Konkret hat der Cyber-Mobber seine Informatikkenntnisse genutz und bewusst angewendet und er steht zu den Opfern in einem persönlichen Bezug.
„In längeren Textpassagen stand zu lesen, das türkische Ehepaar hänge der Scharia an, würde eine alleinerziehende Mutter wegen ihres alevitischen Glaubens drangsalieren und politisch missionieren. Mit Straftaten wie Vergewaltigung, sexueller Nötigung und Stalking bringen die Texte die Eheleute in Verbindung. Angesichts der massiven Vorwürfe hatte ich wahnsinnige Angst, schildert die Zeugin ihre Reaktion. Zumal öffentlich zugänglich für jedermann auch Name, Wohnadresse, Autokennzeichen und sogar Fotos des vermeintlich gewalttätigen Paars veröffentlicht wurden“. (1)
Im Laufe der Verhandlung kam es jeodch zu einem gravierenden Problem, bei dem Arbeitsrichter zum Beispiel den Täter sofort freigesprochen hätten, jedoch nicht die Amtsrichterin von Dachau, was unsere Anerkennung einer sachlichen Prozessführung unter „Würdigung einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung unter sorgsamer Würdigung aller Umstände“ anbelangt. (2)
Nun ist zum Glück für die Opfer der Cybermobbingattacken das Amtsgericht zuständig und nicht das Arbeitsgericht und von daher hat das Urteil auch Grundsatzbedeutung. Da es insbesondere Probleme bei der Nachweisbarkeit mit Hilfe der berühmten IP-Nummer gab, die viele Möchtgernexperten so oft anführen.
„Auf seinem Computer hat ein Experte zwar Hinweise gefunden, dass er die fraglichen Internet-Seiten häufig aufgerufen hat. Ob er aber nur gelesen oder dort auch Texte eingestellt hat, ließ sich technisch nicht nachweisen. Tatsächlich belege die Expertise des Sachverständigen nur, dass er die Seiten gekannt hat, mehr gibt das Gutachten nicht her, bestätigte Amtsrichterin Petra Nolte. Dennoch war sie von der Schuld des jungen Mannes überzeugt – aufgrund der Indizienkette„. (3)
Wer sollte schließlich sich gur im Privatleben der Opfer auskennen, wie der 27 Jährige? „Interessant ist jedoch auch die Vorgeschichte des Falls zur Motivforschung, da der Ehemann des Cyber-Mobber-Opfers mal eine Beziehung zu der Mutter des Täters hatte, wollte der angehende Wirtschaftsinformatiker mit seinen Internetkenntnissen wohl so was wie Rache oder Unterstützung für seine Mutter durchführen. Für die Polizei war dieser Zusammenhang jedoch der Weg zum Täter und Cyber-Mobber,..“(1)
Und hier haben Staatsanwalt und die Amtsrichterin Augenmaß bewiesen und ein Urteil gefällt, dass den Opfern und deren Schaden gerecht wird.
„Dieses Insiderwissen schränke den Täterkreis sehr eng ein, so der Staatsanwalt. Der Mutter selbst fehlten allerdings die notwendigen Deutsch- und Computerkenntnisse. Dann bleibt niemand anders übrig. Der 27-Jährige habe die Internetpassagen wohl aus Rache verfasst, weil er den Freispruch im Vergewaltigungsverfahren nicht akzeptieren wollte, sagte der Staatsanwalt. Amtsrichterin Nolte sah das genauso: Sie verurteilte den Angeklagten zu einer Haftstrafe von einem Jahr, die zur Bewährung ausgesetzt wird“.(3)
Außerdem muss der Cyber-Mobber den „Geschädigten ….. Schmerzensgeld und Schadenersatz von je 1000 Euro bezahlen“. Man kann nur hoffen, dass in Zukunft dieses Urteil und der umfassende Aufbau und die gerichtliche Beachtung der „engmaschige(n) Indizienkette“ Richtschnur für weitere Prozesse bildet. (3)
2)http://www.urteile-im-internet.de/index.php?archives/BAG-8-AZR-709-06.html&entrypage=11
3)http://www.sueddeutsche.de/muenchen/dachau/mobbing-im-internet-hetzjagd-aus-rache-1.1126870