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Firma Bettenwelt GmbH & Co.KG kündigt vier Betriebsräten

26. August 2010

In Deutschland geht ein Zeitgeist um den man als den Krieg in der Arbeitswelt um soziale Werte bezeichnen kann. Seit den Attacken des Rechtsanwaltes Helmut Naujoks (1) und seinem Schlachtruf von der Kündigung der Unkündbaren scheinen bei uns die Gesetze nicht einmal mehr das Papier wert zu sein, auf dem man sie geschrieben hat.

Nach den Vorfällen und Schikanen bei Burger King in Hamburg (2) wird nun am 30. August 2010 vor dem  Kasseler Arbeitsgericht ein Fall entschieden, den man als den „Sündenfall gegen das BetrVG“ in die Geschichtsbücher aufnehmen könnte.

Konkret geht es um die  Firma Bettenwelt GmbH & Co.KG – was für ein Name  in Homberg (Efze).und die fristlosen Kündigung von vier Betriebsräten.(3) Diese vier Arbeitnehmervertreter haben sich nicht wie üblich mit Kaffee- und Kuchenfesten zufrieden gegeben, sondern sich für die 128 Arbeitnehmer der „Homberger Logistikfirma Bettenwelt GmbH“ eingesetzt, die „zum dänischen JYSK-Konzern“ gehört, der wiederum „die Filialen des Dänischen Bettenlagers“ beliefert. (3)

Dort kam es dann in Homberg zu einem Vorfall, bei dem man nur staunen kann, welche Praktiken Unternehmer so anwenden, um Beschäftigte los zu werden. “ Januar dieses Jahres wollte (man) einem Mitarbeiter kündigen und hatte dazu in unzulässiger Weise Daten des Zugangskontrollsystems verwandt. Der Betriebsrat hatte dies moniert und den Arbeitgeber aufgefordert, diese Form der Überwachung der Mitarbeiter einzustellen“. (3)

Da die neue, schöne Bettenwelt in Homberg schon lange durch die „Verweigerung  von tariflicher Bezahlung, ..  den Einsatz von Leiharbeit und Fremdfirmen, ..  Leistungskontrollen, Abmahnungen  und Kündigungen“ in Unordnung war, hat sich der “ Betriebsrat (zu) einer Stellungnahme … hinreißen lassen, in der er Vergleiche mit Stasi-Methoden anstellte. (4)

Die Quittung bekam er dafür prompt und ohne Vorwarnung wie das bei der „Stasi“ übrigens auch üblich war und drüber reden durfte man auch nicht, wenn man in der DDR lebte und ein Ossi war.

„Der Arbeitgeber sah sich durch die  Stellungnahme des Betriebsrats in die Nähe der Verwendung von Stasi-Methoden gerückt und sieht den Tatbestand der Beleidigung als gegeben. Das Vertrauensverhältnis sei gestört und dies rechtfertige die fristlosen Kündigungen„. (3)

Die Gewerkschaft hat nun mal Ausnahmsweise auch eine eigene Meinung und lässt diesmal wenigstens die Opfer nicht im Regen stehen. „Hier wurde ganz klar ein Vorwand gesucht und gefunden, unliebsame Betriebsräte loszuwerden, schätzt die für den Handel zuständige Gewerkschaftssekretärin Mechthild Middeke ein“. (3)

Nun also wird am 30.08.2010 vor dem Arbeitsgericht Kassel entschieden, ob die „Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden Gerd Pfeiffer rechtens ist“. (3) Das Urteil hat dann Präzedenzcharakter für seine drei Mitstreiter. Den Prozess sollte man sich nicht entgehen lassen.

Letzte Änderung am 20.08.2015

1)https://dieaktuelleantimobbingrundschau.wordpress.com/tag/arbeitgeberanwalt-helmut-naujoks/

2)https://dieaktuelleantimobbingrundschau.wordpress.com/2010/08/24/bei-burger-king-in-hamburg-wird-absurd-gemobbt/

3)http://nh24.de/index.php?option=com_content&task=view&id=35728&Itemid=63&show=1

4)http://nh24.de/index.php?option=com_content&view=article&id=33205:stasi-vergleich-betriebsraete-erhalten-fristlose-kuendigung&catid=21:allgemeines-aus-der-politik-und-wirtschaft&Itemid=63

Ossi-Frau klagt wegen Diskriminierung vor dem Arbeitsgericht.

14. April 2010

Die da hat man als Ossi ausgegrenzt.

Dieser interne Krieg Ossi gegen Wessi und Wessi gegen Ossi findet unter den Augen einer wegschauenden Öffentlichkeit seit etwa 15 Jahren statt. Selbst die Wissenschaft stellt dies nun vermehrt fest, die Befindlichkeiten zwischen Ost und West wachsen an.

„Rund 20 Jahre nach dem Mauerfall haben sich die Vorurteile zwischen Ost- und Westdeutschen nach Ansicht eines Berliner Forschers verschärft. Die Vorurteile wurden nicht abgebaut, sondern haben sich verfestigt und teilweise vergrößert, sagte der Leiter des Forschungsverbunds SED-Staat von der Freien Universität Berlin, Klaus Schroeder“. (1)

Die Medien und Politiker mögen dies hartnäckig verschweigen, wir Bürger spüren das Tag für Tag, ob nun Wessi oder Ossi. Und der Philosoph Jürgen Habermas hat in seinem Artikel „Die andere Zerstörung der Vernunft“ Medien, Politik, Wirtschaft und uns als Bürger schon 1991 auf das Problem der politischen und sozialen Kultur und die Folgen der Zerstörung der selbigen hingewiesen. Vergebens wie wir heute aller Ort feststellen müssen.

„Die politische Kultur besteht aus einem verletzbaren Geflecht von Mentalitäten und Überzeugungen, die nicht durch administrative Maßnahmen erzeugt oder auch nur gesteuert werden können. Was wir beklagen, ist der rücksichtslose Umgang mit unwägbaren, schonungsbedürftigen moralischen und geistigen Ressourcen, die sich nur spontan und nicht auf dem Verordnungswege regenerieren können“. (2) Und diese Spontanität besitzen eben nicht alle, den Bundesbürgern vor 1989 ist sie jedenfalls nicht fremd, denn Spontanität setzt Demokratie voraus und die gab es nun mal in der DDR 40 Jahre nicht.

Nicht immer ist Demokartie drin, wenn es auch drauf steht, auf der Verpackung.

Zu Recht verweist der Philosoph auf den Unterschied zwischen der Zerstörung einer Produktionsebene und die einer Kultur. Viele DDR Bürger haben dies über 20 Jahre durchleiden müssen. „Die administrative `Abwicklung` von Akademien, Hochschulen, Museen, die Umstellung von Theater, Film und Literatur auf die im Westen eingespielten Modelle von Markt und Subvention sind ja im Effekt noch schlimmer als die Zerstörung von Produktionskapazitäten in anderen Sektoren. Denn die intellektuellen Kapazitäten lassen sich, wenn man die Produktion für zwei, drei oder fünf Jahre unterbricht, nicht mehr regenerieren. Geknickte Biographien sind in jedem Fall eine Katastrophe. Jedoch lassen sich industrielle Kapazitäten unter anderen Bedingungen ersetzen. Zerfallene kulturelle Milieus lassen sich nicht in gleicher Weise wieder aufbauen. Wenn sie ruiniert sind, sind sie es ein für allemal“. Und das Empfinden ehemalige DDR auch heute noch so als „die Katastrophe“ der zerfallenen nicht wieder aufzubauenden Milieus. (2)

Und wenn man davor die Augen nicht verschließt, dann versteht man auch, was da abgeht im Süden der Republik, bei den arbeitsamen und  nicht geraden intellektuellen Kapazitäten schwäbischer Unternehmer. Da hat man doch glatt weg einer „Frau, Mitte Vierzig, aus dem Raum Stuttgart … neben dem entschuldigenden Ablehnungsschreiben .. auch ihre eingesandten Bewerbungsunterlagen zurückgeschickt. Auf ihrem Lebenslauf, rechts von den persönlichen Angaben, hatte der potentielle Arbeitgeber notiert: „(-) Ossi“. Man kann daher auch sagen, MinusOssi und hätte damit die Verpackung des Problems mal wieder geändert, der Inhalt ist jedoch gleich geblieben(3)

Nun klagt die Buchhalterin zurecht, „dass dies eine Benachteiligung wegen ihrer ethnischen Herkunft sei. Das hat sie stark getroffen“, sagt ihr Rechtsanwalt Wolfgang Nau.

Nackt sind alle Ärsche gleich, oder?

Gemeinsam entwickelten sie die Argumentation für den 15. April: Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG), vereinfacht Antidiskriminierungsgesetz genannt, verbiete eine Absage mit dem Argument Ossi. Das Gesetz wolle schließlich Benachteiligungen aufgrund der `Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft´ ausschließen“. (3)

Man darf nun gespannt sein, wie der Arbeitsrichter entscheidet. Die Klägerin auf jeden Fall hat sich richtig entschieden, so etwas lässt man sich weder als Ossi noch als Wessi gefallen. Es wird Zeit, dass auch Unternehmer, Politiker und Richter erkennen, 2010 ist Ausgrenzung nicht mehr möglich, das haben wir übrigens der EU zu verdanken. Sie hat seit 2000 Druck gemacht, dass auch die Bundesrepublik ein AGG verabschiedet. Und die ersten Erfolge sind nicht zu übersehen. (4)

Man kann auch das AGG philosophisch interpretieren, „Vielfalt statt Einfalt“, ob das unsere Politiker und Richter überhaupt verstehen oder auch nicht.

1) http://www.webnews.de/http://www.n24.de/news/newsitem_5219422.html

2) http://www.zeit.de/1991/20/Die-andere-Zerstoerung-der-Vernunft?page=1

3) http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,687929,00.html

4)http://harrygambler2009.wordpress.com/2010/01/30/das-eu-urteil-zum-kundigungschutz-fur-junge-arbeitnehmer/