Ein Kommentar von Sedika Weingärtner zur Forderung einer “ gesetzliche Quotenregelung für Frauen in der Arbeitswelt“.
“ TLF zur Quotendebatte, vom 06.02.2011
Bundeskanzlerin Merkel lehnt eine gesetzliche Quotenregelung für Frauen in der Arbeitswelt ab. Sie setzt dafür ihre Hoffnung in die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen.
Die Idee ist keineswegs neu: Mit dieser Freiwilligkeit ist man in den vergangenen 10 Jahren so gut vorangekommen, dass laut einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) in den Vorständen der 100 umsatzstärksten Unternehmen gerade einmal vier Frauen neben 437 Männern sitzen. Von daher ist vorauszusehen, wie vielen Frauen diese jetzt nur aufgewärmte Freiwilligkeit einen Job inklusive Karrierechancen, wie die Männer sie genießen dürfen, erbringen wird.
Was der bisher schon herrschenden Freiwilligkeit dringend fehlt, ist eine gesetzliche Sanktionierung. Wenn Freiwilligkeit nur zu einem Ergebnis wie dem zitierten (4 : 437) führt, dann geht kein Weg daran vorbei, die Nichtbeachtung der angestrebten Quote unter die Sanktion einer Strafzahlung zu stellen. Man hat in Deutschland offenbar schon vergessen, dass die Einstellung von Behinderten hier erst ab einem Zeitpunkt in nennenswerter Anzahl geschah, als die Nichteinhaltung mit spürbaren materiellen Konsequenzen für die Unternehmen gesetzlich verbunden worden war. Sanktionen sind in solchen Fällen schon deshalb unverzichtbar, weil nur durch sie eine Abschreckung erzeugt wird, die der Prävention dient. Dass dies gerade im Fall der Frauen absolut notwendig ist, belegen die Äußerungen der Antidiskriminierungsstelle des Bundes, wonach Diskriminierung von Frauen am Arbeitsplatz häufig mit der Tatsache zusammenhängt, dass Frauen schwanger werden können (ein beliebtes Argument der Männer sowohl gegen eine Frauenquote als auch gegen Frauen in der Arbeitswelt überhaupt). ADS berichtet: „Immer wieder wenden sich Frauen an uns, weil sie wegen ihres Geschlechts am beruflichen Aufstieg gehindert werden. Sehr oft stehen diese Fälle in Zusammenhang mit einer Schwangerschaft oder der Elternzeit.“ Ob die nach wie vor bestimmenden Männer je daran denken, dass sie ihre eigene Existenz der Schwangerschaft ihrer Mütter, also Frauen verdanken? Warum werden Frauen dafür bestraft, dass sie nicht nur – wie die Männer – zum Bruttosozialprodukt beitragen, sondern darüber hinaus den Fortbestand der Gesellschaft garantieren?
Der Vorstoß der EU-Kommission, in ganz Europa eine Frauenquote einzuführen, die mit Sanktionen bewehrt sein wird, müsste Frau Merkel zu denken geben. Bisher war Deutschland bei mehr oder weniger allen fortschrittlichen Vorschriften der EU Schlusslicht, was die Zustimmung oder Anerkennung anbelangt. Wenn die Quotenregelung kommt – darf die europäische Gemeinschaft dann darauf hoffen, dass Deutschland seine selbstverständliche Verpflichtung erkennt und ohne Zögern freiwillig die Frauenquote einführt?