Das Urteil zum Attestprozess

Hier nun das vollsändige Uretil zum Attestprozess, ohne Eigenkündigung, Stigmatisierung und Bundeswehr wäre die Sache wohl anders gelaufen. Es ist nun mal so, das Richter gerne bei Mobbing-Opfern immer versuchen, diesen eine Schuld anzuhängen und nicht ein faires Urteil zu fällen. Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein Aktenzeichen: 6 Sa 256/09 
 52 Ca 76 b/09 ArbG Elmshorn  

Verkündet am 17.03.2010gez. … als Urkundsbeamtin der GeschäftsstelleUrteil Im Namen des Volkes In dem Rechtsstreit  hat die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein auf die mündliche Verhandlung vom 17.03.2010 durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsge-richt … als Vorsitzenden und d. ehrenamtlichen Richter … als Beisitzer und d. eh-renamtlichen Richter … als Beisitzerfür Recht erkannt:Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Elmshorn (52 Ca 76 b/09) vom 04.06.2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.Die Revision wird nicht zugelassen.  Rechtsmittelbelehrung Gegen dieses Urteil ist ein Rechtsmittel nicht gegeben; im Übrigen wird auf § 72 a ArbGG verwiesen.  d) Die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Mobbinghandlung trägt nach allgemeinen Grundsätzen des Zivilprozesses der betroffene Arbeitnehmer (BAG 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 – zitiert nach JURIS). Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen vorzutragen, aus denen er das Vorliegen von Mobbing ableitet (BAG 23.01.2007 – 9 AZR 557/06 -). Eine Beweiserleichterung oder eine Beweislastumkehr greift nicht ein (BAG 16.5.2007 aaO). Die im Verfahren vor den Arbeitsgerichten oft-mals bestehende Beweisnot der Opfer muss durch die sorgfältige Anwendung der prozessualen Mittel der Parteianhörung (§ 141 ZPO) und der Parteivernehmung (§§ 445, 448 ZPO) ausgeglichen werden. Daher ist das Opfer als Partei anzuhören und seine Glaubwürdigkeit zu überprüfen (LAG Schleswig-Holstein 19.3.2002 – 3 Sa 1/02 -). Pauschaler und wertender Vortrag mit Worten wie z. B. „gängeln“ (LAG Schleswig-Holstein 28.03.2006 – 5 Sa 595/06 -), „beschimpft“ (LAG Nürnberg 05.09.2006 – 6 Sa 537/04 -), „verbalen Übergriffen, Beleidigungen und massiven Drohungen“ (LAG Köln 21.04.2006 – 12 (7) Sa 64/06 -) ist nicht ausreichend. Die Darlegungen haben sich, soweit gesundheitliche Folgen behauptet werden, außer-dem darauf zu erstrecken, dass die beanstandeten Verhaltensweisen dieses ausge-löst haben (BAG 16.05.2007 – 8 AZR 709/06 -). Die Vorlage ärztlicher Bescheinigun-gen, auch wenn diese einen Hinweis dergestalt enthalten, dass die psychische Erkrankung auf der Situation am Arbeitsplatz oder sogar auf Mobbing beruhe, ist für die Darlegung und Beweisführung weder im Hinblick auf die behaupteten Handlungen noch auf die Kausalität ausreichend. Der Arzt kennt regelmäßig die Situation am Ar-beitsplatz nicht, sondern ist auf die Schilderung des Arbeitnehmers angewiesen (LAG Baden-Württemberg 28.06.2006 – 6 Sa 93/08 -; LAG Hamm 07.11.2006 – 9 Sa 444/06 -; LAG Hamm 19.12.2006 – 9 Sa 836/06 -). 2. Bei Anwendung dieser Grundsätze hat der Kläger das Vorliegen einer Mobbing-handlung seines Arbeitgebers nicht hinreichend dargelegt, jedenfalls nicht bewiesen. Das gilt auch unter Berücksichtigung seines Vorbringens aus der Berufungsbegründungsschrift und seiner Erklärungen im Rahmen der Anhörung gemäß § 141 ZPO in der Berufungsverhandlung.   
Dem Sachvortrag der Parteien kann entnommen werden, dass es seit Herbst 2007 zunehmend zu Konflikten zwischen dem Kläger und dem Geschäftsführer E. kam. Es spricht viel dafür, dass Anlass hierfür die Auseinandersetzung um die Bescheinigung 10  

für den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr war. Unstreitig hat der Geschäfts-führer der Beklagten den Kläger aufgefordert, gegenüber dem Berufsförderungs-dienst schriftlich zu erklären, dass die geförderte Ausbildung tatsächlich durchgeführt und abgeschlossen worden ist. Der Kläger behauptet, ihm sei Ärger angedroht wor-den, falls er diese Bescheinigung zur Vorlage beim Berufsförderungsdienst nicht fer-tige. Weil er sich geweigert habe, sei er systematisch abgemahnt und überwacht worden. Der Geschäftsführer der Beklagten sei ihm gegenüber laut geworden und habe ihm angedroht, ihn mit Abmahnungen zu überziehen. Auch sei versucht wor-den, ihm einen Aufhebungsvertrag unterzuschieben. Das Mobbingverhalten sei durch die ärztlichen Gutachten belegt. a) Die Angaben zu dem so bezeichneten Mobbing sowohl im Untersuchungsbericht der AOK vom 11.04.2008 als auch in der ärztlichen Stellungnahme vom 30.05.2008 beruhen erkennbar auf den Schilderungen des Klägers im Rahmen der Untersuchung bzw. Behandlung. Die bescheinigenden Ärzte können das Geschehen am Arbeitsplatz mangels eigener Kenntnis nicht beurteilen. Selbst wenn man andere Ursachen ausschlösse und die genannten Befunde als „typisch“ ansehen würde, beweisen die Bescheinigungen allenfalls, dass der Kläger psychischem Druck ausgesetzt gewesen sein mag. Deshalb kommt dem Bericht und auch der Stellungnahme im Zusammenhang mit ande-ren Beweismitteln – wenn überhaupt – nur eine schwache Indizwirkung zu. Diese Indizwirkung wird weiter dadurch entkräftet, dass der Kläger seine Ansprüche auf Mobbingverhalten im Zeitraum Dezember 2007 bis Mai 2008 stützt. Er war aber in diesem Zeitraum nur vom 01. bis 04.12. sowie am 18.12.2007 arbeitsfähig. Die übrige Zeit war er arbeitsunfähig krank und somit gar nicht am Arbeitsplatz. Es ist daher problematisch, wenn die ärztliche Stellungnahme auf ein Arbeitsklima abhebt, obwohl im streitgegenständlichen Zeitraum nur an vier Tagen Arbeitspflicht bestand und für diese Tage keine Vorkommnisse geschildert werden.  

b) Richtig ist, dass die dem Kläger zwischen dem 11.12.2007 und 08.04.2008 erteil-ten neun Abmahnungen auf ein systematisches Vorgehen des Geschäftsführers der Beklagten hindeuten. Die auf unterschiedliche Vorwürfe gestützten Abmahnungen sprechen dafür, dass der Kläger genau und zudem kritisch beobachtet worden ist. Mit einem solchen Verhalten verletzt der Arbeitgeber aber noch nicht die Rechte des 11  

Arbeitnehmers. Auch wenn der Arbeitgeber aufgrund seiner Beobachtungen Abmah-nungen ausspricht, handelt er nicht ohne weiteres pflichtwidrig. Eine berechtigte Ab-mahnung kann grundsätzlich kein Mobbing sein, sondern stellt eine Wahrnehmung berechtigter Interessen dar. Selbst eine Abmahnung, die sich im Nachhinein als un-wirksam erweist, begründet diesen Vorwurf erst dann, wenn verwerfliche Motive hin-zukommen. Die streitgegenständlichen Abmahnungen haben sich im gerichtlichen Verfahren zwar als unwirksam erwiesen. Weder ihr Inhalt noch die Umstände ihres Ausspruchs lassen aber verwerfliche Motive erkennen. Im vorliegenden Fall hat das Arbeitsge-richt Elmshorn entschieden, dass alle Abmahnungen aus der Personalakte entfernt werden müssen. Mit der Frage, ob die Abmahnungen willkürlich ausgesprochen wor-den waren, hat sich das Gericht allerdings nicht befasst. Vielmehr hat es in seiner Begründung darauf abgestellt, dass die mit der Ziffer I versehene Abmahnung vom 11.12.2007 nicht hinreichend bestimmt sei. Die weiteren Abmahnungen seien zu ent-fernen, weil sie durchnummeriert seien und damit den Eindruck erweckten, der Klä-ger habe zuvor bereits eine wirksame Abmahnung erhalten. Damit hat das Arbeitsge-richt auf rein formale Aspekte abgestellt. Den Feststellungen des Arbeitsgerichts lässt sich nicht entnehmen, dass die mit den Abmahnungen erhobenen Vorwürfe aus der Luft gegriffen waren. Es steht auch nicht fest, dass die Beklagte die Abmahnun-gen im Bewusstsein der Unrichtigkeit ihres Inhalts formuliert hat. Anhaltspunkte, die darauf schließen lassen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Insoweit reicht es nicht aus, dass der Kläger das ihm vorgeworfene Fehlverhalten bestreitet.  

c) Unstreitig ist dem Kläger Anfang Januar 2008 ein Aufhebungsvertrag vorgelegt worden, den er jedoch nicht unterschrieben hat (vgl. Anlage K 12 = Bl. 36 d. A.). Al-lein durch die Vorlage eines solchen Vertrages verletzt der Arbeitgeber noch keine arbeitsvertraglichen Pflichten. Es ist dem Arbeitgeber unbenommen, an den Arbeit-nehmer heranzutreten, wenn er die Beendigung des Arbeitsverhältnisses für sinnvoll hält. Ein solches Vorgehen ist für sich betrachtet rechtlich neutral. Erst wenn weitere Umstände hinzutreten, kann auf Mobbing geschlossen werden. Solche Umstände können etwa darin liegen, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer mit seinem Been-digungsansinnen bedrängt. Im vorliegenden Fall hat der Kläger keine weiteren Um-stände vorgetragen, die den vorgelegten Aufhebungsvertrag in einen Mobbing-12  

Kontext stellen. Dass er bedrängt worden ist, hat der Kläger nicht behauptet. Im Ge-genteil: Der Kläger selbst trägt vor, man habe versucht, ihm den Aufhebungsvertrag unterzuschieben. Auch der Versuch des „Unterschiebens“ kann verwerflich sein. Der Kläger hat jedoch nicht deutlich gemacht, worin der Versuch der Beklagten gelegen haben soll, ihm den Aufhebungsvertrag „unterzuschieben“. Er hat die Umstände, un-ter denen ihm der Vertrag vorgelegt worden ist, nicht näher beschrieben. d) Soweit der Kläger in der Berufungsbegründung behauptet hat, der Geschäftsfüh-rer der Beklagten habe ihn wiederholt angeschrien und ihm für den Fall, dass er das Schreiben für den Berufsförderungsdienst nicht fertigt, Ärger angedroht, ist er be-weisfällig geblieben. Nach dem in der Berufungsverhandlung gewonnenen Eindruck der Kammer liegt die Annahme fern, der Geschäftsführer der Beklagten habe dem Kläger durch die Art der Ansprache in unangemessener Weise zugesetzt. Die Erklä-rungen des Klägers in der Berufungsverhandlung lassen nicht darauf schließen, dass er mehrfach angeschrien und bedroht worden ist. Der Kläger hat lediglich berichtet, dass der Geschäftsführer der Beklagten in einem Gespräch laut geworden ist. Selbst auf der Grundlage des Vortrags des Klägers kann also keine Rede davon sein, dass er ständig angeschrien worden ist. Der Kläger hat im Rahmen seiner Anhörung auch nicht bestätigt, dass ihm für den Fall, dass er die Bescheinigung für den Berufsförderungsdienst der Bundeswehr nicht fertigt, Ärger angedroht worden ist. Er hat lediglich bekundet, dass er häufig auf eine solche Bestätigung angesprochen worden ist. Der Geschäftsführer der Beklag-ten hat ausdrücklich bestritten, die Bitte um die Bestätigung mit Drohungen verknüpft zu haben. e) Der Kläger ist auch bei einer Gesamtwürdigung aller geschilderten Konfliktsitua-tionen nicht mit dem Ziel einer Einschüchterung, Anfeindung, Erniedrigung, Entwür-digung oder Beleidigung schikaniert worden.  

3. Aus den genannten Gründen ist die Schmerzensgeld- und Schadensersatzfest-stellungsklage auch nicht aus dem Gesichtspunkt der Persönlichkeitsrechtsverlet-zung aus § 823 Abs. 1 BGB, Art. 1, 2 GG BGB oder unter dem Aspekt der Gesund-heits- und Körperverletzung aus §§ 253 Abs. 2, 280 Abs. 1, 823 Abs. 1 und 2 BGB i.V.m. § 223 Abs. 1 BGB gerechtfertigt. Die Berufung war daher unbegründet. 13  

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da es sich vorliegend ausschließlich um eine Ein-zelfallentscheidung handelt. Die Voraussetzungen des § 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor. “ (1)  

Dieses Urteil kann man auch so lesen, dass hier ein stigmatisiertes Opfer verloren hat, weil bei uns Mobbing immer noch als Tabu-Thema vor Gerichten angesehen wird. Vor dem EU-Gerichtshof wäre das Urteil ganz anders ausgefallen, doch bis dahin wäre es ein langer und teuerer Weg.  

1)http://www.sit.de/lagsh/ehome.nsf/CEB74F3FD539B6F4C12577490074EDA8/$file/U_6Sa256-09_17-03-2010.pdf  

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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